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Schiedsrichter Schmidt (r.) mit US-Star Duncan:
"Ruhig sprechen" |
Es war die brutalste Schlägerei in der
NBA-Geschichte. Entsprechend harte Strafen gab es für Pacers- und
Pistons-Profis. Der langjährige Bundesliga-Schiedsrichter Boris Schmidt glaubt,
dass es solche Auswüchse auch in deutschen Hallen geben könnte. Mit SPIEGEL
ONLINE spricht er über schwierige Spieler und Fans hinter Gittern.
SPIEGEL
ONLINE: Wie kann in einer so gut organisierten Liga wie der NBA eine
Situation derart außer Kontrolle geraten, dass sie in einer Massenschlägerei mit
Spielern und Fans endet?
Schmidt: Es gibt Spieler, die sind in
emotionalen Situationen nicht mehr kontrollierbar, da kann man machen, was man
will. Solche so genannten Problemspieler müssen, wenn es zu Handgemengen kommt,
isoliert werden. Bei mehreren Streithähnen ist das jedoch sehr kompliziert. Und
so können solche Szenen, wie jetzt in der NBA, entstehen. Hier trafen wohl zwei
oder mehr Spieler aufeinander, die sich nicht mehr bremsen ließen.
SPIEGEL ONLINE: Wäre so etwas auch in Deutschland
möglich?
Schmidt: Ich denke schon. Die Unterschiede sind nicht
mehr so groß. Auch wir haben hier volle Hallen, in denen eine hitzige Stimmung
aufkommen kann. Da ist es egal, ob 3000 oder 20.000 Zuschauer in der Halle sind.
Und was die Spieler angeht, ist die BBL der NBA ja nicht so unähnlich. Wie viele
Deutsche spielen denn noch in der Bundesliga?
SPIEGEL ONLINE: Wie kann ein Schiedsrichter so etwas
verhindern?
Schmidt: Ein Referee hat nur in soweit Einfluss, dass
er solche Spieler besonders im Auge hat, von denen er den Eindruck hat, dass sie
ein aggressives Potential besitzen und kurz vor einem Ausbruch stehen. Diesen
Spielern muss man in Gesprächen auf dem Platz diese Problematik klarmachen. Wenn
man ruhig mit ihnen spricht, kann man viele beruhigen. Aber nicht
alle.
SPIEGEL ONLINE: Ist das nur eine Frage des Temperaments?
Oder spielen da auch andere Faktoren eine Rolle?
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Boris
Schmidt leitet seit 1979 Spiele der Basketball-Bundesliga (BBL). International
ist der Aktivensprecher der BBL-Schiedsrichter seit 1990 als Fiba-Referee tätig;
so pfiff der 41-Jährige etwa im August dieses Jahres das Länderspiel Deutschland
gegen USA. Der Diplom-Sportlehrer arbeitet hauptberuflich als Geschäftsführer
des Hamburger Sportvereins TSG
Bergedorf. | Schmidt: Es wäre
sicher ein Thema für eine wissenschaftliche Untersuchung, ob die soziale
Herkunft hier eine Rolle spielt, auch wenn ich das nicht glaube. Fakt ist auf
jeden Fall, dass auch in Deutschland die Gewalt im Basketball zugenommen hat.
Vor 20 Jahren wären solche Situationen, wie jetzt in der NBA, undenkbar gewesen.
Heute halte ich diese Art von Szenen auch hier für möglich. Und da spielt sicher
eine Rolle, dass sich die Basketballklientel in Deutschland in den vergangenen
Jahren verändert hat.
SPIEGEL ONLINE: Die beteiligten Spieler aus
Indiana und Detroit wurden von NBA-Commissioner David Stern zu langen Sperren
verurteilt. Was halten Sie von den Bestrafung, die die Spieler aufgrund des
Gehaltsausfalls auch finanziell trifft?
Schmidt: Trotz der
Härte finde ich sie angemessen. Wenn die Spieler im Hinterkopf haben, nach zwei
Spielen bin ich sowieso wieder dabei, hilft das ja nicht.
SPIEGEL
ONLINE: Was ist darüber hinaus noch zu tun?
Schmidt: Die
Vereine müssen dieses Thema intern problematisieren. Sie müssen das Gespräch mit
den Spielern, die eventuell zu Temperamentsausbrüchen neigen, suchen und ihnen
den Ernst der Lage erklären. So dass sie auf dem Platz daran zurückdenken und
anders reagieren. In den Hallen gibt es nicht viel Handlungsspielraum. Um die
Spieler und die Fans voreinander zu schützen, müssten ja Zäune oder Gitter
aufgestellt werden. Das ist keine gute Idee. Wenn es so weiter geht, wird das
jedoch sicher auch einmal kommen.
Das Interview führte Frieder
Pfeiffer
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